Wie unsere Hunde sehen und die Welt wahrnehmen, ist die Grundlage für ihr Verhalten. Darum ist es wichtig, dass wir als Hundehalter verstehen, wie unsere Fellnasen sehen und wie sich ihre Sicht der Welt von unserer unterscheidet.
Obwohl vieles bisher nicht erforscht ist, habe ich die wichtigsten Informationen darüber, wie Hunde sehen, für Dich recherchiert und zusammengefasst:
Können Hunde Farben sehen?
Hunde sehen Farben, allerdings vermutlich anders als wir Menschen. Lange Zeit waren Forscher der Ansicht, dass Hunde die Welt nur Schwarz-Weiß sehen könnten und vollkommen farbenblind wären. Neuere Erkenntnisse zeigen aber, dass Hunde durchaus Farben sehen können.
Ob Hunde Farben sehen können, wie die meisten Menschen oder ob sie eher farbenblind im Sinne einer Rot-Grün-Schwäche beim Menschen sind, ist in der Forschung nicht abschließend geklärt.
Welche Farben sehen Hunde?
Hunde besitzen im Gegensatz zum Menschen nur zwei statt drei Zapfentypen auf der Netzhaut ihrer Augen. Daher gehen viele Forscher davon aus, dass Hunde nicht zwischen Rot und Grün unterscheiden können und beide eher als Grau wahrnehmen.
Andere Forscher konnten aber in Experimenten mit zwei Shiba Inus zeigen, dass die Hunde alle drei Primärfarben Rot, Grün und Blau erfolgreich von Grau unterscheiden konnten. Das Farbsehen von Hunden könnte also deutlich besser sein, als wir vermuten.
Zudem ist es möglich, dass Hunde auch ultraviolettes Licht erkennen könnten. Forscher haben herausgefunden, dass die Linsen der Augen bei Hunden durchlässig für ultraviolettes Licht sind. Ob die ultravioletten Strahlen auch auf der Netzhaut wahrgenommen werden können, muss allerdings erst noch erforscht werden.
Können Hunde im Dunkeln sehen?
In völliger Dunkelheit können Hunde – ähnlich, wie wir Menschen – nicht sehen. Allerdings sehen Hunde in der Dämmerung oder bei sehr schwachem Licht deutlich besser als wir Menschen.
Hunde können bei schlechten Lichtverhältnissen mehr sehen, da sie in der Netzhaut das sogenannte Tapetum lucidum (lateinisch für leuchtender Teppich) besitzen. Das Licht, das durch die Netzhaut strahlt, wird durch das Tapetum lucidum reflektiert und kann so erneut durch die helligkeitsempfindlichen Stäbchen der Netzhaut erfasst werden.
Der Preis für diesen Vorteil bei der Nachtsicht ist allerdings eine geringere Sehschärfe, da das Licht auf dem Tapetum lucidum etwas gestreut wird.
Interessanterweise haben nicht alle Hunde ein vollständiges Tapetum lucidum. Insbesondere bei kleineren Rassen wie Dackeln, Zwergpudeln oder Cocker Spaniels ist es häufig nicht vollständig ausgebildet und nur in einem Teil der Netzhaut vorhanden.
Außerdem benötigen die Augen unserer Hunde etwa doppelt so lange wie wir Menschen, um sich von sehr hellen Lichtverhältnissen auf dunklere Lichtverhältnisse einzustellen. Wenn Du mit Deiner Fellnase von einem Spaziergang im Sommer bei hellem Sonnenschein zurück in eine wegen der Hitze abgedunkelte Wohnung kommst, wird er deutlich länger brauchen, um sich an die neuen Lichtverhältnisse zu gewöhnen.
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Wie gut sehen Hunde?
Um die Frage, ob Hunde gut sehen, zu beantworten, müssen wir neben dem oben behandelten Farb- und Dunkelsehen drei Aspekte des Sehvermögens von Hunden betrachten:
Sehschärfe – können Hunde gut sehen?
Hunde sehen weniger scharf als wir Menschen. Wissenschaftler schätzen, dass ein Mensch mit normalem Sehvermögen ein Objekt ungefähr aus dreifacher Entfernung erkennen kann wie ein Hund. In Versuchen war die Sehschärfe von Hunden allerdings recht breit gestreut. Besonders in hellem Licht sahen einige Hunde deutlich besser als andere.
Räumliches Sehen – können Hunde 3D sehen?
Wir Menschen besitzen ein ausgeprägtes räumliches Sehen. Ein Grund dafür ist ein 140 Grad großer Bereich, in dem sich die Sichtfelder unserer beiden Augen überschneiden. Bei Hunden schätzt man, dass dieser Bereich lediglich 30 bis 60 Grad beträgt, wobei einige Forscher mit optischen Kalkulationen sogar auf bis zu 116 Grad kommen.
Bei der Frage, wie stark sich die Sichtfelder Deiner Fellnase überschneiden, spielt auch die Rasse eine große Rolle. Einem Mops ist seine Schnauze – ähnlich wie bei uns Menschen – nicht im Weg. Bei unserem Dackel Eddie blockiert sie einen großen Teil der Überschneidung.
Soll das heißen, ich hätte eine große Schnauze, die mir die Sicht versperrt? Der hat doch gar keine Ahnung davon, wie wir Hunde sehen.
Außerdem soll der sich mal an die eigene Nase fassen. Ich wette, dass er seinen eigenen Zinken auch ohne Spiegel sehen kann.
Wenn er allerdings meint, ich hätte eine große Klappe – okay! Ich bin ja schließlich auch ein Dackel und wir sind bekannt dafür, dass wir nicht gerade zurückhaltend sind.
– Eddie, der Rauhaardackel
Einerseits entsteht das räumliche Sehen durch die Überschneidung der Sichtfelder der beiden Augen, die die Welt aus leicht unterschiedlichen Perspektiven sehen. Demnach sollten Hunde eine deutlich schlechtere räumliche Wahrnehmung haben als wir Menschen.
Andererseits kann man aber auch mit nur einem Auge räumlich sehen. Größen- und Helligkeitsunterschiede sind nur zwei Anhaltspunkte, an denen das Gehirn Entfernungen erkennen kann. In einer Untersuchung haben Welpen eine hervorragende räumliche Wahrnehmung mit einem und mit zwei Augen gezeigt. Forscher gehen davon aus, dass erwachsene Hunde mit voll entwickelten Augen noch besser im 3D-Sehen sind.
Allerdings weisen die Wissenschaftler darauf hin, dass weitere Forschung nötig ist, um herauszufinden, wie gut die 3D-Wahrnehmung von Hunden ist und ob sie sich von Rasse zu Rasse unterscheidet.
Sichtfeld – sehen Hunde mehr als wir?
Hunde sehen mehr als wir Menschen. Wenn wir nach vorn schauen, nehmen wir Bewegungen im Bereich 170 bis 180 Grad wahr. Das heiß, wir können also maximal neben uns gucken.
Hunde hingegen haben ein deutlich größeres Sichtfeld von geschätzten 240 Grad. Das heißt, sie nehmen auch Reize wahr, die leicht hinter ihnen liegen.
Praktische Konsequenzen könnte dies beim Fußlaufen haben. Stell Dir vor, Dein Hund läuft mit dem Kopf etwas vor Dir. Möglicherweise kann er wahrnehmen, wo Du bist, ohne ständig nach hinten oder zur Seite schauen zu müssen.
Endlich hat er es geschnallt. Da muss er erst für diesen Artikel recherchieren, damit er versteht, dass ich nicht ständig meinen Kopf zu ihm drehen muss, um neben ihm zu laufen. Ich sehe ihn sozusagen im Augenwinkel, auch wenn ich minimal vor ihm laufe.
Ich bin nämlich wirklich gut im Fußlaufen – also zumindest, wenn ich das will. Aber das bleibt unser Geheimnis, also verratet es nicht Markus.
– Eddie, der Rauhaardackel
Wie sehen Hunde Bewegungen?
Hunde sehen bewegte Objekte deutlich besser als unbewegte Objekte. Bereits 1936 wurde dazu eine Studie mit Polizeihunden durchgeführt. Bewegte Objekte konnten die Hunde auf eine Entfernung von 810 bis 900 Metern erkennen. Bewegten sich dieselben Objekte dagegen nicht, lag die größte Distanz, auf die Hunde sie erkannten, bei 585 Metern.
Die Ursache sehen Wissenschaftler im Aufbau der Netzhaut. Hunde haben vorwiegend Stäbchen auf ihrer Netzhaut, die das Erkennen von Bewegungen begünstigen.
Übrigens sehen auch wir Menschen bewegte Objekte besser als unbewegte. Das haben wir mit unseren vierbeinigen Freunden gemeinsam.
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Wie sind die Augen des Hundes aufgebaut?
Grundsätzlich ist das Auge des Hundes ähnlich aufgebaut wie das Auge des Menschen. Das Licht fällt durch die Pupille auf die Netzhaut und erzeugt dort ein Bild.
Um im Dunkeln, genauer gesagt bei schlechtem Licht, besser sehen zu können, besitzen Hunde in der Netzhaut eine Schicht, die Licht reflektiert. Dieses Licht kann dann von den Zellen auf der Netzhaut ein zweites Mal erfasst werden. Diese reflektierende Schicht wird als Tapetum lucidum bezeichnet.
Eine weitere Besonderheit gegenüber unseren Augen ist die sogenannte Nickhaut, die neben dem Hund auch viele andere Tiere besitzen. Die Nickhaut ist ein drittes Augenlid, das waagerecht öffnet und schließt und beim Hund in erster Linie für die Befeuchtung und Reinigung der Augen zuständig ist.
Wie sehen Hunde die Welt?
Hunde sehen die Welt anders als wir. Einiges davon ist erforscht, anderes noch nicht. Und manches ergibt sich einfach aus ihrer Größe oder Kopfform.
Der Blickwinkel des Hundes
Hunde sehen die Welt aus einem anderen Blickwinkel als Menschen. Das gilt besonders für kleine Hunde. Unser Dackel Eddie hat seinen Kopf recht nah am Boden und sieht die Welt im Vergleich zu mir aus der Froschperspektive.
Selbst wenn wir beide nebeneinander sind, sehen wir unter Umständen völlig unterschiedliche Dinge. Ich sitze am Schreibtisch und sehe, was auf dem Schreibtisch liegt. Eddie sitzt neben mir und sieht, was unter dem Schreibtisch liegt.
Ich kann Euch sagen, meine Perspektive ist nicht immer schön!
Der Schreibtisch von Markus zum Beispiel. Wie es obendrauf aussieht, kann ich ja nicht sagen. Untendrunter allerdings schon. Und da fehlen mir echt die Worte.
Kabel, wo das Dackelauge hinschaut. Seine Tasche, ein Ordner. Bei Hempels unterm Sofa könnte es kaum schlimmer sein.
– Eddie, der Rauhaardackel
Auch draußen in der Natur kann der Blickwinkel einen großen Unterschied machen. Ich kann zum Beispiel in der Ferne etwas erkennen, wo Eddie nur Unterholz sieht.
Hunde erkennen andere Hunde als Hunde
Hast Du Dich schon einmal gefragt, ob Hunde andere Hunde von anderen Säugetieren unterscheiden können? Immerhin sehen verschiedene Hunderassen völlig unterschiedlich aus. Denke einmal an einen Mops und einen Dobermann. Optisch haben diese beiden Hunderassen nicht viel gemeinsam.
Und dennoch konnten Forscher nachweisen, dass Hunde ihre Artgenossen als solche erkennen können. Sie zeigten neun Hunden jeweils ein Bild von einem Hund und ein Bild von einem anderen Säugetier, darunter auch Menschen. Wenn sie sich für das Bild mit dem Hund entschieden, wurden sie mit einem Leckerchen belohnt.
Egal, welche Rasse- oder Mischlingshunde die Forscher ihnen zeigten, alle neun Hunde konnten alle Hunde erfolgreich als Hunde erkennen.
Verbindung von Augen und Nase
„Die Nase ist das Auge des Hundes“, sagte mal ein Hundetrainer zu mir. Er meinte damit, dass Leckerli zur Belohnung besonders gut riechen muss.
Doch Forscher haben nun herausgefunden, dass bei Hunden Nase und Augen viel stärker miteinander verbunden sind als zum Beispiel bei uns Menschen.
Können Hunde also tatsächlich Gerüche sehen? Wahrscheinlich werden wir das niemals herausfinden. Vermutlich eröffnet sich für unsere Hunde eine ganz eigene Welt, von der sie uns leider nicht erzählen können. Und selbst wenn sie es könnten – wir wären sicher nicht in der Lage, uns in diese Welt aus Duft und Farben hineinzuversetzen, da uns die Fähigkeiten dazu fehlen.
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Können Hunde das Erdmagnetfeld sehen?
Forscher des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung haben festgestellt, dass Hunde in ihren Augen ein Molekül besitzen, mit dem sie das Magnetfeld der Erde wahrnehmen können. Diese Moleküle werden Cryptochrome genannt und sitzen bei Hunden in den lichtempfindlichen Außensegmenten der Zapfen, die für blaues Licht empfindlich sind.
Ob Hunde durch diese Moleküle das Magnetfeld der Erde wirklich sehen können, ist allerdings unbekannt. Beobachtungen von Wissenschaftlern deuten allerdings darauf hin, dass Hund das Magnetfeld der Erde wahrnehmen können.
Quellen
Erica F. Andrews, Raluca Pascalau, Alexandra Horowitz, Gillian M. Lawrence and Philippa J. Johnson Extensive Connections of the Canine Olfactory Pathway Revealed by Tractography and Dissection. Journal of Neuroscience 17 August 2022, 42 (33) 6392-6407;https://doi.org/10.1523/JNEUROSCI.2355-21.2022
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Nießner, C. et al. Cryptochrome 1 in Retinal Cone Photoreceptors Suggests a Novel Functional Role in Mammals. Sci. Rep. 6, 21848; https://doi.org10.1038/srep21848 (2016).